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Kommunale Wohnungs-Offensive Köln

Vorwort:

erstellt am 21.03.2024

Warum bilden wir heute, fast 10 Jahre nach seiner Veröffentlichung unseren Flyer vom 01.09.2015 auf unserer Homepage ab.

Den Anstoß zur aktuellen Veröffentlichung gab ein Artikel der Kölner Rundschau vom 21.03.2024 mit dem Titel: Baukrise befeuert Wohnungsnot – Maßnahmenpaket der Verwaltung in den Startlöchern — Keine finanzielle Hilfe für Entwickler und Investoren

 Zitat:
„6000 neue Wohnungen im Jahr sind nicht mehr realistisch.“ Das hatte der Beigeordnete für Planen und Bauen der Stadt Köln, Markus Greitemann, im vergangenen Sommer im exklusiven Rundschau-Interview konstatiert. Auch Wirtschafts- und Stadtentwicklungsdezernent Andree Hack und Harald Rau, Beigeordneter für Soziales und Wohnen, stellten sich den Fragen unserer Redaktion. Gemeinsam kippten die drei die Zielzahl von 6000 neuen Wohnungen, die jährlich in Köln entstehen sollten…“

Unsere Meinung:
10 Jahre lang wurde erfolglos gewurschtelt, ohne wirksame Maßnahmen gegen die wachsende Wohnungsnot anzupacken.
10 Jahre lang hören wir Erklärungen, warum unstrittige Ziele nicht erreichbar sind.
10 Jahre gibt es Schmuse-Veranstaltungen und -Bündnisstreffen mit Investoren – ohne Ergebnis.

Der Markt regelt alles?

Kampagne Mietenstopp vorm Deutschen Bundestag

Betongold
wächst auch durch Verknappung; vielleicht besser als durch Bauen-Bauen-Bauen.

Was tun?
wenn Auf-Investoren-starren nicht hilft?
wenn <Daseinsvorsorge> nicht kompatibel ist zu neoliberalen Marktgesetzen?
wenn die Stadt (Politik und Verwaltung) das einfach nicht kann? (oder will?)

Wir alle gemeinsam müssen eine Kommunale Wohnungs-Offensive entwickeln –
aus der Stadtgesellschaft – von unten.

Vielleicht ist der Termin an der Karl-Rahner-Akademie am 15. April 2024 ein erster Schritt? (Anmeldung erforderlich)
Köln konnte es – und kann es heute noch!
 – Wohnungskrise und Obdachlosigkeit beenden!

zum Nachschlag

Der folgende Beitrag wurde als Flyer zum 01.09.2015 herausgegeben!

Flyer der Kölner Initiative Recht auf Stadt – Auflage 1 vom 01.09.2015


Kommunale

Wohnungs-

Offensive

Köln

Konzept-Entwurf zum Diskurs in der Stadtgesellschaft

Recht auf Stadt Logo, blau

Initiative Recht auf Stadt Köln


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Weltweit strömen die Menschen in die Ballungs- zentren. Köln erwartet bis 2040 einen Zuwachs um 200.000 Menschen. Jährlich kommen also (200.000 / 25 Jahre =) 8.000 Mitbürger hinzu. Die benötigen 5.000 Wohnungen mehr. Jedes Jahr.

Köln steht wie Berlin, München, Hamburg und andere im Fokus internationaler Wohnungsspekulanten. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen, Niedrigzinsen und Wohnungsknappheit garantieren fast risikolose Spekulationsgewinne aus Betongold.

Jede 4. Kölnerin, jeder 4. Kölner ist arm. 26 % der Kölner Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze von 870 €. Etwa 50 % aller Kölner Haushalte hat Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein, aber es gibt nur 7,5 % geförderte Wohnungen. Davon fallen auch im Jahr 2015 1700 Wohnungen aus der Sozialbindung. Die sinkende Kaufkraft führt zu einer zunehmenden Nachfrage nach preiswertem Wohnraum.

Durchschnittlich 17.000 Anträge jährlich auf einen Wohnberechtigungsschein belegen den gestiegenen Bedarf.

Das Mietrechtsänderungsgesetz (2013) sichert über das Umlageverfahren*1 maßlose Mietsteigerungen über Modernisierungen und energetische Sanierungen.*2 Allein 2014 gab es einen Anstieg der Kölner Mieten um 4,5 %. In Köln Kalk sind Quadratmeterpreise von 8,50 € bis 12,50 € inzwischen Normalität geworden. Die Situation einkommensschwacher Bürger auf dem Wohnungsmarkt spitzt sich so noch mehr zu.

Die jahrzehntelang gewachsene soziale Struktur der Wohngebiete zerfällt und einkommensschwache Schichten werden in (mehr oder weniger berüchtigte) Stadtrandgettos verdrängt. Eine offiziell gewünschte Durchmischung und urbanes Leben wird zur Utopie.

Dieser Beitrag wurde als Flyer zum 01.09.2015 herausgegeben!

3

Den Verantwortlichen der Stadt Köln war die sich entwickelnde Lage seit langem bekannt. Bereits im „Wohnungsbaugesamtplan 2003“ stellte der Rat der Stadt Köln einen Gesamtbedarf von 57.000 Wohneinheiten für den Zeitraum von 2000-2015 fest. Davon sollten 14.000 „öffentlich geförderte“, also preisgebundene Wohnungen sein. Tatsächlich wurden von 2000-2014 insgesamt 42.000 Wohnungen fertig gestellt, davon lediglich 8.550 „öffentlich geförderte“.

Das Spiel der Kräfte eines „freien Marktes“ hat das Problem nicht gelöst, sondern weiter verschärft. Damit aber nicht genug!

Zunehmend wurden kommunale, Landes- und Bundes-Grundstücke und Sozialwohnungen zum Höchstgewinn an private Investoren verkauft und so der Willkür des freien Marktes überlassen. (Beispiel: Wohnungen der Bahn-AG an die Deutsche Annington) Die städtische GAG wandelte ca. 4.000 preiswerte Wohnungen in Eigentumswohnungen um.

Vermehrter Zuzug, besonders durch die „doppelten Abitur-Jahrgänge“ in den Jahren 2012/2013 in die Elite-Universitätsstadt Köln, bei mangelndem Wohnraum, führten zu einer regelrechten Explosion der Neuvermietungspreise. Köln ist inzwischen die teuerste Stadt für studentisches Wohnen.

Auf der anderen Seite fließen in Köln jährlich (!) mehr als 400 Millionen Euro aus der öffentlichen Hand in die Taschen der privaten Immobilienwirtschaft, die diese Gelder gerne ohne soziales Verantwortungsgefühl für ihre Wohnungen kassiert. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den staatlichen Zuschüssen für die Kosten der Unterkunft bei Leistungsberechtigten gemäß SGB II „ Hartz IV“, der Grundsicherung im Alter sowie dem Wohngeld.

Würde ein Teil davon einer kommunalen Wohnungsgesellschaft zufließen und nicht der privaten Immobilienwirtschaft, ergäbe sich für die Stadt ein wichtiges Einsparpotential.


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Wir wollen eine Stadt, in der Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen keine Angst haben müssen ihre Wohnung durch Spekulationsgeschäfte, Modernisierungen oder andere Maßnahmen zu verlieren und an den Rand gedrängt werden.

Wir wollen eine Stadt, in der keine Menschen auf der Straße leben müssen.

Wir wollen eine Stadt, in der Flüchtlinge willkommen sind und in Wohnungen statt in Hotels, Containern, umgebauten Supermärkten oder Zelten untergebracht werden.

Diese Ziele können nachweislich nicht durch private Förderung erreicht werden.

Wir brauchen eine

1️⃣

Wohnen ist ein Menschenrecht! 
(Artikel 25 UNO-Charta). Artikel 13 Grundgesetz: „Die Wohnung ist unverletzlich.“ Zwangsräumungen*3, Eigenbedarfkündigungen, Mieterverdrängung*4, Strom- und Heizungs-Sperrungen (Sonderregelung Mietnomaden*5) lehnen wir ab.

2️⃣

Keine Profite mit der Miete! 
Das Prinzip der Kostenmiete muss für alle Wohnungen gelten. Das bedeutet, die Miete deckt die tatsächlichen Kosten und die Instandhaltung (mehr nicht). Dieses Prinzip gilt auch bei nachhaltigen sinnvollen Modernisierungen und energetischen Maßnahmen. 

3️⃣

7.000 5.000 neue kommunale Wohnungen sofort!
So kann das vorhandene Defizit gemildert werden.

4️⃣

4.500 3.000 kommunale Wohnungen jährlich
müssen dazu kommen um den Anteil bezahlbarer Wohnungen zu erhalten.

5️⃣

GAG von der Börse 
ist ein erster Schritt zu einer Kommunalen Wohnungs-Offensive Köln. Um soziale Verantwortung, Aufgaben und Arbeitsweisen klar verankern zu können, werden die städtischen Wohnungs-Betriebe und Einrichtungen in eine Rechtsform umgewandelt, die nicht der Gewinnmaximierung verpflichtet ist. So lassen sich neben sozialen Vorgaben auch demokratisch gesteuerte Geschäftsabläufe mit dauerhaft verankerter Bürgerbeteiligung sicherstellen. Im Wohnungsbereich muss außerdem eine qualifizierte Mieter-Mitbestimmung, Bestandserhaltung  (Unveräußerbarkeit und Instandhaltung) und die unbefristete Sozialbindung nachhaltig verankert werden. 

Dieser Beitrag wurde als Flyer zum 01.09.2015 herausgegeben!

5

6️⃣

Die Stadt muss selber bauen!
Wenn die vorhandenen städtischen Einrichtungen die Neuen Anforderungen einer Kommunalen Wohnungsoffensive nicht ausreichend umsetzen können, muss die Stadt einen eigenen Bau-Finanztopf einrichten oder eine neue städtische Wohnungsbaugesellschaft, die selber und mit eigenen Leuten baut.

7️⃣

Keine Privatisierung städtischen Eigentums! 
Städtische Grundstücke und Wohnungen dürfen nicht mehr an Privatinvestoren veräußert werden, sondern müssen von ihr im Interesse besonders der einkommensschwachen Bürger bebaut und erhalten werden. 

8️⃣

Bestandsschutz*6 
Die Stadt stoppt den Schwund an Sozialwohnungen und hebt die Bindungsbegrenzung (maximal 25 Jahre) bei städtischem Bestand (einschließlich GAG) auf. 

9️⃣

Weg vom Umlageverfahren!*1 

Auf Bundesebene müssen die mieterfeindlichen Bestimmungen im Mietrecht korrigiert werden. Das Umlageverfahren lässt mit der 11-Prozent-Umlage aller Modernisierungskosten eine unkontrollierte Kostenlawine auf die Mieter zukommen.

🔟

Milieuschutzverordnungen
Soziale Erhaltungssatzungen sollen den Abriss von sanierungsfähigem Bestand, Teuer-Sanierungen und Umwandlungen in Eigentum in gefährdeten Vierteln verhindern. 

1️⃣1️⃣

Nachhaltige Bürgerbeteiligung
in demokratisch gesteuerten Geschäftsabläufen ist sowohl bei neuen und umgewandelten kommunalen Gesellschaften als auch bei neuen Wohnungsprojekten zu verankern.

1️⃣2️⃣

Qualifizierte Mieter-Mitbestimmung*7
ist für alle Wohnungen festzuschreiben.


Erläuterungen
Wohn-Lexikon

6

Wohnpolitik ist einfach, wird aber mit vielen ‚Fachbegriffen’ kompliziert gemacht. Ein paar dieser *Begriffe* versuchen wir hier zu erklären.

*1 Umlageverfahren
Sanierungen und Modernisierungen zahlen die Mieter allein. Wenn alle Kosten abgezahlt sind bleibt die Miete auf dem erhöhten Niveau. Das Umlageverfahren führt zu unkontrollierbaren und unbegrenzten Mieterhöhungen, die viele nicht bezahlen können.

*2 Modernisierung / Energetische Sanierung 
Energetische Sanierungen sollen eigentlich den Klimawandel abbremsen. Wohnungsspekulanten nutzen die Gesetze zur Mieter-Verdrängung und Mietenwahnsinn. Edelsanierungen gehen einher mit ökologisch bedenklichem Materialeinsatz und /oder Ressourcenverschwendung.

*3 Zwangsräumungen
Zwangsräumungen werden durch Räumungsklagen erwirkt, die der Vermieter gerichtlich durchsetzt. Im Mietrechtsänderungsgesetz wurde 2013 die Möglichkeit verankert, Zwangsräumungen noch willkürlicher und einfacher durchzusetzen. Noch nie gab es so viele Zwangsräumungen wie heute.

*4 Mieterverdrängung
Durch die Gesetzgebung ist eine Welle von Modernisierungsmaßnahmen angetreten worden, die die alteingesessenen Mieter aus Ihren Vierteln verdrängt und an den Stadtrand abschiebt.

*5 Mietnomaden Sonderregelung
Menschen die nie die Absicht haben Miete zu zahlen nennt man Mietnomaden. Wir wollen uns dem verschwindend geringen Problem nicht verschließen. Wir akzeptieren nicht die damit begründeten Kündigungserleichterungen gegen anständige oder in Not geratene Mieter.

*6 Bestandsschutz
Sozial gebundene Wohnungen bleiben sozial gebunden.

*7 Qualifizierte Mieter-Mitbestimmung
In den städtischen Wohnungsunternehmen müssen Mieterinnen und Mieter Mitspracherecht über Mieterbeiräte auf Siedlungsebene haben und in einem Gesamtmieterrat der auch in Entscheidungsgremien vertreten ist. Der Gesamtmieterrat kann über die Notwendigkeit von Modernisierungsmaßnahmen, aber auch über eventuelle Verkaufsabsichten und Lösungen für Probleme von Mieterinnen und Mieter in den Siedlungen mitentscheiden.

Wir sind die Initiative Recht auf Stadt – Köln. Unser Ziel ist der Aufbau einer langfristigen Zusammenarbeit von verschiedenen (auch bundesweiten und internationalen) Aktionsbündnissen und die Bündelung von Aktivitäten. Wir wollen ein „Recht auf Stadt“ für alle Bürger. Alle Initiativen, Gruppen und Einzelpersonen sind eingeladen mitzukämpfen.

Wir unterstützen Betroffene von Gentrifizierung, Verdrängung und Profitgier durch Solidarisierung, Protest und Beratung. Kommt einfach vorbei zum nächsten Plenum! Wir treffen uns jeden zweiten und vierten Montag im Monat um 19:00 Uhr im Offenen Treff im Bürgerzentrum Alte Feuerwache, Melchiorstraße 3, 50670 Köln.

(…aktuell treffen wir uns am ersten Montag im Monat um 19:00 Uhr im Offenen Treff)

Impressum:

Initiative Recht auf Stadt Köln

https://www.rechtaufstadt.koeln
www.facebook.com/rechtaufstadtkoeln

Kontaktadresse: info@rechtaufstadt.koeln

Dieser Beitrag wurde als Flyer zum 01.09.2015 herausgegeben!


Nachschlag:

Nachschlag erstellt am 22.03.2024 (W)

Ein paar Schlussbemerkungen zum Nachschlag:

Die erste Auflage startete zum 01.09.2015.

Kickoff waren 2 Kino-Veranstaltungen mit 2 Wohnungspolitischen Filmen. Des Weiteren gab es mehrere Veranstaltungen mit zugeschnitten Präsentationen zur Kommunalen Wohnungs-Offensive Köln. (Die Präsentation könnte demnächst auf der Webseite eingebaut werden.)

Sollten wir eine Neuauflage anpeilen?
Mit größerer Breite? Richtung Jahreswechsel? Können wir die Veranstaltung an der Karl-Rahner-Akademie am 15.04.2024 nutzen? Welche anderen Zusammenhänge bieten sich an? 2025 sind Kommunalwahlen mit OB-Wahl!


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